Heute möchte ich wieder einmal an dieser Stelle einen Gastautor zu Wort kommen lassen. Stephan Övermöhle ist ein Schüler von mir, der sich ein paar Gedanken zu der Arbeit mit den Bildern gemacht hat. Ausgelöst wurde dies durch meinen Artikel „Das Gehirn und die Bilder“.
Stephan beschreibt hier aus „Anwendersicht“ sehr schön was Bilder mit einem machen können und wie sie „wirken“, bzw. was bei Ihrer Anwendung wichtig ist. War mein letzter Artikel der Versuch einer Erklärung ist seiner ein Erfahrungsbericht.
Viel Spaß beim Lesen:
Ich habe durch Gespräche und Diskussionen aus meinem persönlichen Umfeld über den Artikel über die Bilder das Gefühl, dass Leute einen falschen Eindruck bekommen könnten. Zu schnell und zu einfach kann man richtige „Bildarbeit“ mit der Arbeit mit Bildern verwechseln. Das Arbeiten mit Bildern, also zum Beispiel: ‚Ich stelle mir vor, durch den anderen hindurch zu schlagen, wenn ich meine Schlagtechnik übe, anstatt ihn einfach zu schlagen‘, kann ein Einstieg in die Bildarbeit sein, aber eben nicht mehr. Ich halte diesen Ansatz im Sinne der Bildarbeit für mehr oder minder langweilig. Sicher ist die Arbeit mit Bildern nützlich, so wie Eselsbrücken, und sie sind sicherlich ein guter erster Schritt für die Bildarbeit, aber eben irgendwie ganz am Anfang dieser Arbeit. Ich habe jedoch erlebt, dass Leute gerne auf diesem Level bereits denken, dass Sie schon verstanden hätten, was gemeint ist.
Ich würde diese Bilder im Sinne meiner Erfahrungen vielleicht als Bilder 0. Stufe bezeichnen, sie sind sicherlich nützlich, aber eben irgendwie langweilig.
Nach meiner Erfahrung wird die Arbeit mit Bildern erst spannend, wenn ich etwas Persönliches den Bildern beigefügt habe. Ich möchte dazu auf ein Zitat von Ralf zurückkommen, der bei der Beschreibung des „unbendable arms“ und der damit einhergehenden Beschreibung gesagt hat: „Es ist völlig egal was ihr euch vorstellt: (heißer) Wasserdampf, Coca Cola, Lava… Hauptsache es ist euer Bild und es passt zu euch und ihr könnt etwas damit anfangen.“ Ich habe das erst mal so hingenommen ohne darüber nachzudenken. Aber das hat sich irgendwie geändert, während ich versucht habe mit den Bildern zu arbeiten. Das Problem ist, denke ich, wenn das Bild nicht etwas Persönliches enthält, dann ist es nicht authentisch. Schlimmer noch, wenn man versucht das Bild eines anderen zu übernehmen, obwohl man nichts damit anfangen kann, obwohl es nicht zu deiner Persönlichkeit passt, bringt es aus meiner Erfahrung sogar überhaupt keinen Nutzen.
Es ist aber aus meiner Sicht nicht nur der Nutzen und damit die Effektivität, welche die Bildarbeit erst interessant macht und damit auf eine neue Stufe bringt, sondern auch was das Bild mit dir macht! Du zwingst deinen Bewegungen nicht nur etwas auf, wenn du mit Bildern arbeitest, sondern dein Körper, oder nach der Lektüre von Ralf Artikels sollte ich vielleicht besser sagen dein Unterbewusstsein, gibt dir auch immer etwas zurück.
Was bedeutet das?
Nun ja, schlichtweg dass sich dein Körper/Unterbewusstsein erstmal schlichtweg nicht auf Bilder, die nicht zu deiner Persönlichkeit passen, einlässt. Das heißt du arbeitest in so einem Fall gegen einen unterbewussten Widerstand an und das bedeutet schlussendlich, dass du absolut keinen Nutzen aus diesen Bildern ziehst. Im Gegenteil sie hindern dich sogar!
Das heißt aber, und das halte ich noch für viel wichtiger, dass die Bildarbeit dir auch immer ein „Feedback“ gibt! Wenn ich versuche mit manchen Bildern zu arbeiten macht mich das unglaublich sauer…, wütend…, ich fange innerlich an zu rasen und bin dann nicht mehr so recht bei der eigentlichen Anwendung.
Manche machen mich einfach traurig, deprimiert,…auswegslos.
Andere machen mich glücklich, ausgeglichen, zufrieden.
Die besten Bilder aber sind die, die mich voll und ganz der Bewegung aussetzen. Die machen dass ich mich der Bewegung mehr und mehr aussetze, mich von ihr führen lasse und einfach die Bewegung bin. Weil es gut ist! An der Stelle fängt für mich dann auch noch einmal eine neue Qualität der Bewegung an. Denn sich diesem Fluss hinzugeben, dieser Fluss zu sein und sich dann aber trotzdem wiederzufinden, nachdem man Teil des Flusses geworden ist, und den Fluss zu lenken ohne die Kontrolle zu übernehmen. Das ist noch einmal eine ganze neue Qualität!
Wenn der Zusatz der persönlichen Auseinandersetzung mit den Bildern für mich die 1. Stufe der Arbeit mit den Bildern darstellt, dann ist die Arbeit innerhalb des Flows (Flusses) sicherlich die zweite Stufe und da (an der Schwelle der zweiten Stufe) stehe ich nach meinem Gefühl noch völlig am Anfang.
Auf jeden Fall ist die Bildarbeit viel interessanter als sich vorzustellen einfach durch jemanden durchzuschlagen…!
Wer nichts mit Bildarbeit zu tun haben will, der wird immer Gründe für sich finden nicht damit anzufangen. Wer jedoch neugierig genug ist und den Mut hat sich einzulassen, der wird sicherlich in den Fortsetzungsartikeln von Ralf etwas finden, was ihn auf eine spannende Reise führt, auf der ihn hoffentlich ein guter Lehrer begleitet.
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